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Von dem im Salzunger See versenkten Silberglöckchen
 
GlockeDamals, als Salzungen noch das "Silberstädtchen" geheißen wurde, soll einmal der Rat der Stadt sich versammelt haben, um in einer hochwichtigen Sache zu beschließen, wie nämlich bei dem herannahenden Kriegsvolke, welches die Stadt bedrohe, das über dem Rathaus hängende silberne Glöckchen am besten vor räuberischen Händen zu verbergen sei.

Da aber die Herren zu keinem Entschlusse gelangen konnten, so kam es ihnen höchst gelegen, daß der Torschreiber einen soeben einpassierten, weisen und hochgelehrten Herrn auf dem Rathause anmeldete. Sie wurden daher bald eins, diesen in der erwähnten Sache um seine Meinung zu bitten. Und der wies sie auf ihren See hin, in welchem sie die Glocke am besten bergen könnten, und da sie diese Ansicht für gut fanden, so wurde die Glocke abgenommen, in den Nachen geladen, in Begleitung des Rates in See gestochen und dieselbe dort versenkt. Als jedoch darauf die Herren - so wird erzählt - wieder festen Boden unter sich hatten und lange Gesichter machten, weil sie die Stelle im See, an der sie die Glocke versenkt, nicht bezeichnet hätten, da trat einer lächelnd hervor und bemerkte, daß er dies vorher wohl erwogen und deshalb an der Stelle des Kahns, an der sie die Glocke in den See gesenkt, einen tiefen Einschnitt gemacht habe; worauf dann die Herren, sich befriedigt die Hände schüttelnd, nach Hause gingen.

Der Fremde wurde jedoch auf Stadtkosten in seinem "Logemente" köstlich bewirtet und zog dann, sich in sein Fäustchen lachend, talaufwärts nach der guten Stadt Wasungen, allwo kurz vorher der Bürgermeister gestorben und wegen eines neuen große Not war. Da der Fremde dieser Sache wegen auch hier um seinen hochweisen Rat gebeten wurde, so schlug er ihnen den Ratsherrn von Salzungen, der den Einschnitt in den Nachen gemacht hatte, zu der erledigten Stelle vor, worauf dieser allda zum Bürgermeister erwählet und als solcher bald darauf auch installiert wurde. Jener Fremde, der nach diesem seine Reise weiter aufwärts fortsetzte, soll kein anderer als Eulenspiegel, der Schalksnarr, gewesen sein.

 
2 Mundartgedichte Wuckes:
  Für Nichtsalzunger
meine Übersetzung ins Hochdeutsche:
D's kall Boad   Das kalte Bad
     
"Na, Motter, därf ich in's Kallboad?
Dort komme schunt die Jonge,
ei guckt so suur, un schittelt au
un tutt so korz gebonge."

"Hall's Muil, un mach me kai Geplärr
doas wörd nött oangefange,
dou bliest me aimoa uis d'r Werr,
in die wörd nött gegange."

"Brömm, Motter, soall ich da nött nien?
Gönn all mi Kummeroade
un au vill Klennere als ich
doch au enien un boade."

Minnthalbe! oawwer kömmst de haim
un bist me engst d'rsoffe,
so hoast de auch nooch höngerdrin
d'n Bockel voll ze hoffe."
  "Na, Mutter, darf ich ins kalte Bad?
Dort kommen schon die Jungen,
Ihr guckt so sauer, und schüttelt auch
und tut so kurz angebunden."

"Halt's Maul, und mach mir kein Geplärr
das wird nicht angefangen,
du bliebst mir für allemal aus der Werra,
in die wird nicht gegangen."

"Warum, Mutter, soll ich da nicht hinein?
Gehen all meine Kameraden
und auch viel Kleinere als ich
doch auch hinein und baden."

"Meinethalben! aber kommst du heim
und bist mir etwa ersoffen,
so hast du auch noch hinterdrein
den Buckel voll zu hoffen."
     
Die Gemeinderoatswahl   Die Gemeinderatswahl
     
"Hä! Thommes! sait, bu wullt E hinn?"
"Off's Rathes nuff, Herr Pfitzer!
Me soall ju wähl, un tutt me`s nött,
so kost's enn drissig Kritzer."

"Na, därf me's weß, bään hätt E da
dort off d'm Zötel stönne?
"Ich hoann d'n Schuster Hannes droff,
dem Moaan, dem öß ze gönne."

"'N Schuster?! Thommes, seid E toll?!
Boas macht E da för Sache!
Öß der da vörnehm, öß e rich?
So äppes öß zum Lache.

Im Säch'schen Hof, doas wößt E ju,
doa öß die Sach beroate.
Un bär nu nött, bie mei wunn, wählt,
der brengt die Stoaad in Schoade."

"Oan denn, der dort ons vörgeschloain,
sein mei doch nött gebonge;
Ich hoann minn Moaan! Un doabei bliet's!
Ich wähl d'n Schuster dronge.

Doas öß e Moaan, - Respekt vör dem!
Der wird sich schunt nien schöcke.
So Enner weiß oam Erschte au,
bu ons die Schuh nooch dröcke."
  He! Thomas! Sagt, wo wollt Ihr hin?"
"Aufs Rathaus 'nauf, Herr Pfitzer!
Wir sollen ja wählen, und tut man 's nicht,
so kostet 's dreißig Kreutzer."

"Na, darf man 's wissen, wen habt Ihr da
dort auf dem Zettel stehen?"
"Ich hab den Schuster Hannes drauf,
dem Mann, dem ist 's zu gönnen."

"Den Schuster?! Thomas, sei Ihr toll?!
Was macht Ihr da für Sachen!
Ist der da vornehm, ist er reich?
So etwas ist zum Lachen.

Im Sächsischen Hof, das wißt Ihr ja,
da ist die Sache beraten.
Und wer nun nicht, wie wir wollen, wählt,
der bringt die Stadt in Schaden."

"An den, der dort uns vorgeschlagen,
sind wir doch nicht gebunden?
Ich hab meinen Mann! Und dabei bleibt 's!
Ich wähl den Schuster drunten.

Das ist ein Mann, - Respekt vor dem!
Der wird sich schon dreinschicken.
So einer weiß am ersten auch,
wo uns die Schuh noch drücken."
     
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